Das Lied von der Erde
Text: Li Tai-Po (Deutsch: Hans Bethge)
Beginn einer Bearbeitung für kleines Ensemble von Arnold Schönberg
1907/20
Arnold Schönberg Center, Wien
Mit Natur ist bei Schönbergs Zeitgenossen Gustav Mahler weniger die äußere Erscheinung als vielmehr das schaffende Prinzip, wie es sich in dem »Gott Dionysos« verkörpert. In Bezug auf diese mythische Kraft, die die rationalisierte Natur durchbricht, will seine Musik »immer und überall nur Naturlaut« sein (Brief an Richard Batka, 1896). Mahlers ausgeprägter Hang zur Verinnerlichung korreliert mit einer in Bethges Nachdichtungen aus dem Chinesischen virulenten Neigung, den Zwängen der Gesellschaft ein einsiedlerisches Leben in der Natur vorzuziehen. Während in der 1. Strophe des ersten Liedes aus dem Zyklus der Ausdrucksgestus eines Trinkliedes bereits in der dritten Verszeile – als »Lied vom Kummer« – einer resignativ-melancholischen Weltsicht Platz macht, in der zweiten Strophe hingegen eine weitgehend unbeschwerte Hingabe an die Muse des Augenblicks dominiert, beschreibt die zweite Texthälfte (Strophen 3 und 4) eine Aura schärfster Kontraste zwischen der Beständigkeit der Erde und der Begrenztheit menschlicher Existenz, der Schreckensvision des »wildgespenstischen« Affen und der Rückkehr zur Sphäre des Trinklieds (letzte drei Verszeilen).
Für ein Konzert des Vereins für musikalische Privataufführungen plante Schönberg um 1920 eine (letztlich nicht ausgeführte) Bearbeitung von Mahlers Orchesterliedzyklus.